KK-Nachzahlung, Freelancer, Expat (Krankenkassenrecht)

Schnittlauch, Donnerstag, 22.03.2012, 15:01 (vor 4439 Tagen)

Hallo,

ich frage für einen Bekannten spanischer Nationalität, 30 Jahre alt. Aufenthaltsdauer in Deutschland: ungewiss.
Es ist ziemlich lang und komplex!

Der Fall sieht so aus:

Er kam im März letzten Jahres nach Deutschland und hat hier einen angemeldeten Wohnsitz. Er ist selbständiger Freelancer im Medienbereich (künstlerisch, nicht Programmierer). Leider hat er es versäumt, eine Krankenversicherung hier abzuschließen.

Ganz große Frage: Wie kann er sich krankenversichern ohne horrende Summen nachzahlen zu müssen? (Ich weiß, ein sensibles Thema, aber es würde um eine hohe vierstellige Summe gehen und es scheint ja durchaus aktzeptable legale Wege zu geben)

Er hatte Kontakt mit einem Versicherungsmakler aufgenommen, der ihm Infomaterial der ALC (http://www.alchealth.com/) geschickt hat. Der Vorteil dieser Methode soll sein, dass man ein ausländisches Versicherungsunternehmen nimmt, dass aber auch in Deutschland operiert/zugelassen ist, und sich dort versichert. Diese Unternehmen fragen dann nicht nach, wo man vorher versichert war, sodass man die Nachzahlungen vermeidet und später zu einer deutschen Versicherung wechseln kann wenn man möchte.

Wir haben uns dann die Versicherungsbedingungen durchgelesen, und ich bin milde gesagt schockiert. Der Vertrag soll für ein Jahr gelten und sich immer um ein Jahr verlängern, und im ersten Jahr wird einfach mal NICHTS an Leistungen erbracht, er müsste alle Arztbesuche und Medikamente selber zahlen. Aber das schlimmste war die Klausel im Anhang, die besagt, dass für alle Krankheiten/Zustände, die bereits vor dem Vertragsverhältnis bestehen, in den ersten 5 JAHREN KEINE Leistung erbracht wird. NACH den ersten 5 Jahren würden sie die Behandlung bezahlen, aber nur unter der Voraussetzung, dass in diesem Zeitraum absolut keine Behandlung erfolgt. Bitte?

Ich habe bisher keine Erfahrung mit privaten Versicherern, und möchte daher wissen ob das normal ist. Mir erscheint das alles Schrott.
Er ist 30 Jahre alt, arbeitet am Computer, natürlich sind da ein paar Sachen die behandelt werden müssen oder auftreten könnten in naher Zukunft.

Ob es nun unbedingt für immer und ewig privat sein muss ist auch dahin gestellt... schließlich könnte er durch seine Tätigkeit auch Zugang zur Künstersozialkasse erlangen. Die übernimmt die Hälfte der KV-, PflegeV.- und RV-Beiträge.
Privatversicherung mag jetzt noch billig sein, aber in 15 Jahren?
Der Haken ist mal wieder, dass die KSK keine Leute nimmt, die bereits eine PV haben.
Wäre es eine Möglichkeit, für ein paar Monate privat (Ausland) versichert zu sein, dann zu einer gesetzlichen zu wechseln und dann KSK zu beantragen?

Also, die KSK macht es vielleicht zu komplex und der Fokus auf eine gute private Krankenversicherung ist schon anstrengend genug.

Ein langer Post, aber wir sind beide dankbar über jede Hilfe :-)

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Schnittlauch, Donnerstag, 22.03.2012, 15:29 (vor 4439 Tagen) @ Schnittlauch

ach ja, ich bin ja nicht gerade Google-unbedarft, aber ich wäre dankbar über eine Liste von ausländischen Versicherern die in Deutschland tätig sind. Danke!

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Joachim Röhl ⌂ @, Berlin 0172-3079777, Donnerstag, 22.03.2012, 15:32 (vor 4439 Tagen) @ Schnittlauch

Machs doch nicht so umständlich, als EU-Bürger erfüllt er die deutsche Pflicht zur Versicherung, wenn er eine spanische Schippkarte hat und zumindestens in allen Akutfällen kostenfrei behandelt wird. Ist er nicht Mitglied in der Seguridad Social, wählt er für 144€ bei der allianz global assistance den Tarif EXPAT GLOBAL P. Das ist möglich, da er als Spanier und hier selbständig Tätiger nicht der Versicherungspflicht in der teueren GKV oder der günstigen KSK unterliegt. Den Vertrag kann er für bis zu fünf Jahre abschliessen und danach um weitere fünf verlängern. Schon nach zwei Jahren Verweildauer bekommt er auf Nachfrage eine Vorversicherungsebscheinigung und kann mit dieser auch gern mehr als zweihundert Euro bei jeder angestammten deutschen Privatversicherung bezahlen.

Fragen? joachimroehl@web.de

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Schnittlauch, Donnerstag, 22.03.2012, 16:32 (vor 4439 Tagen) @ Joachim Röhl

Danke, kannst du diese Versicherung auch guten Herzens empfehlen oder denkst du, die Privaten sind alle mehr oder weniger gleich?

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Joachim Röhl ⌂ @, Berlin 0172-3079777, Donnerstag, 22.03.2012, 17:39 (vor 4439 Tagen) @ Schnittlauch

Dieser Tarif geht weg wie geschnitten Brot bei zugereisten Bauunternehmern aus Burgas, wie auch Bachelors aus Barcelona, weil das Preis-Leistungsverhältnis einfach stimmt. Warum? Es gibt weder kostenträchtige Alterungsrückstellungen, noch unkalkulierbare Solidargemeinschaften und auch die Leistungspalette ist auf die essentiellen Dinge einer Krankenversicherung beschränkt. Vorerkrankungen werden wie bei vielen Tarifen der PKV als Altschäden generell ausgeschlossen und halten damit die Prämienentwicklung seit mehreren Jahren äußerst stabil. Leider sucht man für Deutsche auf dem Binnenmarkt vergleichbares ohne Erfolg - heißt im Umkehrschluss die haben die Wahl auf wesentlich teuere Tarife der regulären PKV oder füttern in den Sozialkassen viele andere mit durch. Klingt hart, ist aber auf einem mehr und mehr geöffneten europäischen Markt leider so.

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RHW, Sonntag, 25.03.2012, 17:39 (vor 4436 Tagen) @ Joachim Röhl

Hallo Schnittlauch,

m.E. sollte er sich auch Gedanken machen, was in 5 oder 10 Jahren sein wird. Ist die Verlängerung an Bedingungen geknüpft? Was ist, wenn er in 10 Jahren im Rollstuhl sitzt?

Eine Versicherung, die nach spätestens 10 Jahren auf jeden Fall enden wird, wäre mir persönlich zu riskant.

Aber das Risikobewusstsein ist eine sehr persönliche Angelegenheit.

Wichtig sind auf jeden Fall die Fragen zum Gesundheitszustand:

Gesundheitsfragen

Gruß

RHW

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Joachim Röhl ⌂ @, Berlin 0172-3079777, Montag, 26.03.2012, 04:55 (vor 4435 Tagen) @ RHW

Stand doch geschrieben, daß er schon nach zwei Jahren in eine reguläre und weitaus teuere zeitlich unbefristete PKV wechseln kann ohne auch dann irgendwelche Strafbeiträge leisten zu müssen. Steht ihm ebenso frei auf dem für EU-Ausländer geöffneten Arbeitsmarkt jederzeit in ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu wechseln. Schon bei einem Bruttolohn von 401€ werden nur 127€ komplette Sozialabgaben inklusive Arbeitgeberanteil in der GKV ganz ohne Gesundheitsprüfung fällig. Wo Problem?

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