Re: GEK - mal ganz nüchtern betrachtet.. (Gesetzliche Krankenkassen)
Heftige Angriffe gegen Bundesversicherungsamt
Krankenkasse streitet sich mit Aufsicht
Von Karl Doemens, Handelsblatt
In der Debatte über die Entwicklung der Kassenbeiträge sieht sich die staatliche Aufsichtsbehörde massiven Angriffen aus den Reihen der Krankenversicherungen gegenüber. „Ich spreche dem Bundesversicherungsamt jegliche Objektivität bei der Ausübung der Rechtsaufsicht ab“, sagte Dieter Hebel, Vorstandsvorsitzender der Gmünder Ersatzkasse (GEK) dem Handelsblatt.
BERLIN. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) müsse das Amt „in seine Schranken weisen“, forderte der Chef der fünftgrößten Ersatzkasse: Die Behörde arbeite „praktisch gegen die Regierung“.
Auslöser der äußerst heftigen Reaktion ist eine Erklärung des Bundesversicherungsamtes (BVA) vom Wochenende. Darin hatte die Behörde betont, dass die GEK nach einer Entscheidung des Ulmer Sozialgerichts ihren Beitragssatz nur bis Ende 2004 von 13,9 auf 13,5 Prozent senken darf: „Danach gilt wieder der höhere Beitragssatz“. Eine dauerhafte Verbilligung des Gesundheitsschutzes für die 900 000 Mitglieder sei „nach der gegenwärtigen Datenlage nicht darstellbar“.
„Mit dieser Erklärung wird die Selbstverwaltung der GEK lächerlich gemacht“, wetterte Hebel. Erst Ende des Monats wolle der Vorstand den Haushalt für 2005 aufstellen. „Ich denke, dass unsere Zahlen einer objektiven Überprüfung standhalten und wir den Beitrag bei 13,5 Prozent halten können.“
Angesichts der inflationären Appelle der Regierung an die Krankenkassen, die Einsparungen durch die Gesundheitsreform an die Versicherten weiterzugeben, mutet der Streit zwischen der GEK und dem Aufsichtsamt grotesk an. Er hat jedoch einen ernsten Hintergrund, der das Dilemma der Debatte illustriert. „Mit Prognosen ist das so eine Sache“, sagte BVA-Sprecher Theo Eberenz: „Es gibt rosarote und es gibt vorsichtige.“ Je nachdem, wie man die Entwicklung einschätze, komme man zu unterschiedlichen Ergebnissen. In jedem Fall seien die Krankenkassen durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz aber verpflichtet, bis 2007 ihre Schulden abzubauen.
Die GEK muss in diesem Zeitraum in vier Tranchen insgesamt 220 Mill. Euro zurückzahlen. Schon in diesem Jahr werden 55 Mill. Euro fällig. Vorstandschef Hebel hält dies auch bei einem Beitrag von 13,5 Prozent für möglich, da er einen Überschuss von 100 Mill. Euro erwartet. Das Aufsichtsamt zweifelt diese Prognose an und wollte die GEK daher verpflichten, ihren Satz bei 13,9 Prozent zu halten.
Vor dem Ulmer Sozialgericht hat die GEK in der vergangenen Woche zwar teilweise Recht bekommen: Sie darf ihren Beitrag rückwirkend zum 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2004 reduzieren. Anders als von der Kasse gewünscht, lehnte das Gericht eine Verpflichtung des BVA zur Genehmigung des günstigeren Beitrags auch im kommenden Jahr jedoch ab. Zur Begründung wird auf eine „Vielzahl von Unwägbarkeiten“ durch politische Neuregelungen hingewiesen.
„Im wesentlichen haben wir gewonnen“, interpretiert nun das BVA den Richterspruch. Auch das Gericht habe derzeit offenbar Zweifel an der dauerhaften Tragfähigkeit eines Beitragssatzes von 13,5 Prozent. Sollte der GEK-Verwaltungsrat den niedrigeren Satz auch im kommenden Jahr halten wollen, müsse er einen neuen Beschluss fassen, den die Aufsichtsbehörde dann prüfe. Auf Basis der derzeitigen Datenlage werde er aber wohl abgelehnt, deutet BVA-Sprecher Eberenz an. Keineswegs stelle sich das BVA den politisch gewollten Beitragssenkungen in den Weg, betonte der Sprecher: „Wir haben doch nichts davon.“ Es gehe dem Amt lediglich um eine seriöse Kalkulation des finanziellen Risikos.