Ausländer-Ausschlussklausel bei Versicherungspflicht nach §5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (Krankenkassenrecht)

Georg @, Montag, 18.01.2010, 08:02 (vor 5232 Tagen)

Liebes Forum,

habe einen etwas komplizierten Fall zu referieren, bei dem wir zwischen allen Stühlen zu sitzen scheinen, und würde gern den ein oder anderen Rat von Euch bekommen.

1. Aufenthaltsstatus

Meine Frau Carmen ist Drittstaatlerin (kommt aus Chile) und lebt mit ihrem minderjährigen Sohn Luis seit verg. April bei mir. Zunächst waren die beiden nur als Besucher in Deutschland, nach unserer Heirat im Juni erhielten sie zunächst eine Fiktionsbescheinigung (provisorische Erlaubnis, bis über den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels entschieden ist) und nach dem bestandenen Deutsch-Test meiner Frau im Dezember nun eine richtige Aufenthaltserlaubnis, die zunächst aber für genau ein Jahr befristet ist. Sie wird aber anschließend problemlos verlängert, soweit wir weiter verheiratet bleiben. Der Aufenthalt ist naturgemäß auf Dauer angelegt.

2. Krankenversicherung

Ich selbst bin schon immer privat krankenversichert, selbstständig und noch nie versicherungspflichtig gewesen.

Carmen und Luis sind bis jetzt noch über eine Reisekrankenversicherung für Besucher in Deutschland versichert (so gen. Incoming-Versicherung). Diese Versicherung ist aber grundsätzlich nur für vorübergehende Aufenthalte gedacht und lässt sich höchstens ein Jahr aufrecht erhalten (also bis eischließlich kommenden März.

Für den Kleinen habe ich mich gegenüber der Ausländerbehörde u. a. dazu verpflichten müssen, für ausreichenden Krankenversicherungsschutz zu sorgen. Für meine Frau brauchte ich keine solche Verpflichtungserklärung abzugeben, da sie im Rahmen des Familiennachzugs unabhängig von der Sicherung des Lebensunterhalts ein Aufenthaltsrecht besitzt.

Meine private KV hat sich geweigert, meine Familie aufzunehmen. Grund ist wohl der, dass der Kleine Autist (fällt unter "seelisch behindert") ist und die Versicherung das Risiko scheut (obgleich bis auf einige Ausnahmen alles, was an Therapien notwendig ist, vom Sozialträger und nicht von der KV übernommen werden muss). Bei meiner Frau wurde eine notwendige Zahnersatzbehandlung als Ausschlussgrund genannt, was sich allerdings mittlerweile erledigt hat, da wir die Behandlung auf eigene Kosten schon gemacht haben.

3. Arbeitssituation

Carmen ist zwar aufgrund ihres Aufenthaltstitels jetzt unbeschränkt zu jeder Erwerbstätigkeit berechtigt, arbeitet aber in Wirklichkeit nicht und wird aufgrund der noch bestehenden Sprachschwierigkeiten, der Betreuung des (behinderten) Kindes und auch wegen fehlender Anerkennung ihrer Zeugnisse in absehbarer Zeit keine Anstellung bekommen.

Eine Beschäftigung als Familienangehörige bei mir kommt faktisch auch nicht in Frage, es sei denn in Form einer Scheinbeschäftigung, aber sowas wollen wir nicht machen, zumal die Kassen das mittlerweile auch meist sehr genau über auprüfen.

4. Versicherungspflicht

Daraufhin haben wir für Carmen (und das dann ja automatisch familienmitversicherte Kind) die Mitgliedschaft bei einer gesetzlichen Kasse beantragt, wurden aber abgewiesen, weil sie nicht versicherungspflichtig war, denn sie hatte zu diesem Zeitpunkt nur eine Fiktionsbescheinigung und noch keinen Aufenthaltstitel.

Die neue Versicherungspflicht "für Nichtversicherte" nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V besteht gemäß § 5 Abs. 11 SGB V für Nicht-Unionsbürger nur unter bestimmten Bedingungen, u.a. der, dass ein Aufenthaltstitel mit Geltungsdauer von mehr als einem Jahr vorliegen muss. Alle anderen Bedingungen waren in unserem Fall erfüllt, denn eine ausländerrechtliche Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für meine Frau wie gesagt als nachzugsberechtigte Ehegattin nicht.

Nun haben Carmen und der Kleine eine Aufenthaltserlaubnis bekommen, die (wie bei erstmaliger Erteilung eines solchen Titels üblich) genau für 12 Monate gilt (also nicht "mehr als zwölf Monate", wie der Wortlaut des Gesetzes verlangt).

Trotzdem ging ich grundsätzlich erstmal davon aus, dass jetzt eine Versicherungspflicht bestehen müsste, da der Aufenthalt meiner Familie naturgemäß auf Dauer angelegt ist. Sinn und Zweck der Ausschlussklausel für Ausländer ist es ja nur, kurzfristige Aufenthalte von der Anwendbarkeit der Versicherungspflicht nach Nr. 13 auszuschließen.

Zur Not, so unser Gedanke, bestünde ja auch noch die Möglichkeit, dass die Ausländerbehörde im Rahmen ihrer Ermessensausübung die Aufenthaltserlaubnis um ein paar Tage verlängert, sodass die Bedingung "mehr als zwölf Monate" dann erfüllt wäre. Einer entsprechenden Anfrage begegnete die Behörde auch grundsätzlich aufgeschlossen (Härtefallerwägungen und Kindeswohl könnten in das Ermessen einbezogen werden).

Nun teilt uns aber die Krankenkasse Folgendes mit: "Die Beurteilung der Möglichkeit einer Aufnahme zur gesetzlichen Krankenkasse muss an dem Tag des Zuzugs nach Deutschland erfolgen. Ein späterer Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis kann für eine erneute Prüfung leider nicht herangezogen werden. Da Ihnen eine solche Aufenthaltserlaubnis am Tag des Zuzugs nach Deutschland nicht vorgelegen hat, kann eine Mitgliedschaft ... auch nach Vorbringen der neuen Aspekte leider nicht erfolgen."

Wenn das so stimmt, würde eine gesetzliche Versicherungspflicht ja völlig ausscheiden, bis meine Frau irgendwann einmal abhängig beschäftigt wäre.

Nach der langen Vorrede (sorry, aber ich wüsste nicht, wie ich es kürzer und trotzdem klar darstellen könnte) jetzt also meine Frage an die Experten unter Euch:

Kann das sein? Eine Rechtsgrundlage hat die Versicherung nicht genannt und ich finde im Gesetzestext und im Internet auch keinerlei Hinweis darauf, dass es bei Ausländern nur auf die Situation zum Zeitpunkt des Zuzugs ankäme und danach keine Versicherungspflicht mehr eintreten könnte.

5. Perspektive

Wenn das so stimmt, bliebe wohl nur noch die Möglichkeit einer sehr teuren Versicherung bei der PKV zum Basistarif für die beiden (ca. 570+280 EUR mtl.) (die manchmal möglichen Ermäßigungen kommen bei uns nicht in Frage, weil ich "zuviel" verdiene). Eventuell würde meine Frau jetzt auch (da die Zähne ja saniert sind) normal als freiwillige PKV-Versicherte aufgenommen, das Kind aber definitiv nicht (auch nicht zum doppelten Beitrag oder mit Ausschlüssen), sodass da auf jeden Fall nur eine private Pflichtversicherung zum Basistarif in Frage käme. In jedem Fall würden also zwei Beiträge fällig.

Wenn entgegen den Aussagen der gesetzlichen Kasse nun aber doch Versicherungspflicht bestünde, so fielen diese Erschwernisse weg. Daher würde ich gern sichergehen, dass das von der Kasse jetzt (mündlich hatte man mir zunächst etwas anderes erzählt) vorgebrachte Argument (Prüfung nur zum Zeitpunkt des Zuzugs) Hand und Fuß hat und nicht nur vorgeschoben oder einfach konstruiert ist.

Für jede Hilfe sehr dankbar!
Georg


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