@elgin_fischbach (Sozialpolitik)

Lui, Donnerstag, 25.09.2003, 17:59 (vor 7534 Tagen)

Verwaltungskosten

Den Beitrag von „trabbifahrer“ haben Sie letztlich sicher gelesen. Wo war Ihre Stellungnahme dazu? Bis heute haben Sie keine abgegeben. Warum wohl?

Er hat doch ganz deutlich gemacht, dass die Verwaltungskosten insgesamt etwa 0,6 % vom Beitragssatz ausmachen.
Geht man von einem Beitragssatz von 14,5 % aus und unterstellt eine Halbierung der Verwaltungskosten (was in der Praxis ohnehin nicht funktioniert) – ist das dann der große Wurf?
Darum verstehe ich ehrlich gesagt nicht, weshalb Sie immer und immer wieder auf dieses Thema zugehen.

Dann noch ein Beispiel aus der Praxis:
Ich bin jetzt seit über 20 Jahren AOK-Mitarbeiter. Damals hatten wir einen Beitragssatz von 10,8 %. Den momentanen Satz nenne ich nicht, aber gehen wir von 14,5 % aus.

Wie glauben Sie, kommt diese Erhöhung zustande?

Wurde vielleicht eine Geschäftsstelle nach der anderen errichtet?
Sind die Mitarbeiter Millionäre?
Ist ein schnittiger Benz als Dienstwagen gerade mal gut genug?


Nach Ihrer Aussage könnte man den Eindruck gewinnen, dass fast 4 % vom Beitragssatz für Verwaltungskosten draufgehen.
Genau das Gegenteil ist der Fall.
Natürlich wurde irgendwann mal eine Geschäftsstelle gebaut – nämlich 1910. Das ist auch nix mehr abzuzahlen. Gilt sicher nicht für jede AOK, aber bei unserer weiß ich das.

Aber selbst die kleinste BKK muß irgendwo untergebracht sein und Personal vorhalten.

Ist Ihnen vielleicht mal in den Sinn gekommen, dass noch andere Gründe dafür verantwortlich sein können – etwa:

-ständig steigende Leistungsausgaben
-medizinischer Fortschritt und steigende Lebenserwartung (ist ja schön, aber muß erst mal finanziert werden)
-die ständig sinkende Zahl von Beitragszahlern steht einer immer größeren Zahl von Leistungsempfängern gegenüber (demographische Entwicklung)
-ständiger Anstieg der Arbeitslosen (die Beitragsbemessungsgrundlage für die Arbeitslosen wurde gesenkt, d. h. weniger Beitrag)
-letztlich auch die Gleitzonenfälle, auch hier gehen Beiträge verloren.

Wo ich grad bei den Arbeitlosen bin – bei der Rücknahme der Verwaltungskosten hängen natürlich auch Arbeitsplätze dran. Also ein Teufelskreis. Ruhig mal etwas über den Tellerrand hinaus schauen.
Und das aus dem Munde einer Gewerkschafterin – bin verblüfft.


Geschäftsstellen:

Warum die AOK, Barmer, DAK usw. mehr Geschäftsstellen als beispielsweise BKK’s haben, hat einen ganz einfachen Grund, der historisch bedingt ist.
Früher waren bei den BKK’s nur die Beschäftigten des Betriebes versichert. Warum also Geschäftsstellen? Wenn die BKK sowieso im Betrieb integriert ist, war das nicht notwendig.
Außerdem fällt mir schon auf, dass die BKK’s natürlich zu ihrem Vorteil argumentieren.
Gibt’s nur eine Geschäftsstelle, werden Verwaltungskosten gespart (in welcher Höhe auch immer, aber hört sich gut an), kommt also den Versicherten zu gute.
Wenn bei einer Fusion, die in letzter Zeit Mode zu werden scheint, zusätzliche Geschäftsstellen dazu kommen, wieder gut für die Versicherten, weil der Service erhöht wird.

Was nun? Gut oder schlecht?

Die Thematik „Geschäftsstellennetz“ könnte sowieso uferlos dikutiert werden.
Aber machen wir einfach einen Vergleich mit anderen.
Warum gibt’s in fast jeder Ortschaft eine Sparkassenfiliale?
Warum gibt’s so viele Arbeitsämter?
Warum gibt’s so viele LVAen?
Warum fahren die LVAen sogar vor Ort und führen Rentenberatungen durch?
Warum gibt’s eigentlich so viele Gemeindeverwaltungen?
Könnte man doch alles telefonisch erledigen.
Viele von den vorgenannten „Behörden“ stehen nicht im Wettbewerb und hätten guten Service mangels Konkurrenz auch nicht nötig. Warum wohl machen sie’s dann?


Dauerthema RSA:

Kleines Beispiel: In Deutschland gibt’s genau zwei Krankenkassen – eine BKK Teufel und eine BKK Goth

Bei der BKK Teufel sind ausnahmslos Rentner, Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose versichert.
Die BKK Goth hat es da besser, hier ausschließlich Arbeitnehmer um die 30 mit einem Einkommen über der JAE.

Kommen wir zu den Beitragssätzen – die BKK Teufel ist nahe am Ruin, der Beitragssatz ist auf mittlerweile 30 % angewachsen und das Geld reicht trotz wirtschaftlichster Haushaltsweise hinten und vorne nicht.
Die BKK Goth hats da besser – diese weiß nicht mehr wohin mit den Beiträgen und nachdem sie nicht gewinnorientiert wirtschaften darf, ist der BS mittlerweile auf 5 % geschrumpft.

Jetzt ist also der Gesetzgeber gefordert – welche Möglichkeiten gibt’s:

Möglichkeit 1:
Alles so lassen wie es ist – kann keine Lösung sein, weil die BKK Teufel zusammenbricht und was passiert dann mit diesen Versicherten?

Möglichkeit 2:
Man löst die BKK Teufel auf und versichert diese Mitglieder bei der BKK Goth. Dann haben alle einen Beitragssatz von 5 % - super.
Bloß funktioniert diese Lösung nicht. Zum einen wird die BKK Goth dem Mitgliederansturm nie und nimmer gerecht werden können und bricht auch zusammen. Weiterhin wird sie was dagegen haben, wenn ihr schlechte Risiken aufgedrückt werden.
Aber egal, angenommen es funktioniert, wie lange glauben Sie wird die BKK Goth den BS von 5 % halten können?
Und wo kommt eigentlich der durchschnittliche Beitragssatz von 14 % her%

Möglichkeit 3:
Man schafft einen gemeinsamen Topf wo ein gewisser Ausgleich geschaffen wird. Bloß wie?

Ganz einfach, man ermittelt von jeder Kasse die Mitgliederstruktur und unterstellt pro Mitglied einen gewissen Beitragsbedarf. Ein Arbeitsloser oder Rentner bringt beitragsmäßig logischerweise nicht so viel wie einer über der JAE. Leistungen braucht er aber die gleichen.
Anhand dieser Struktur kann genau beurteilt werden, ob die Kasse mit ihren Finanzen über dem Beitragsbedarf liegt oder drunter. Sie bekommt Zahlungen aus dem RSA oder muß einzahlen.

Damit wird nur die Solidaritätsprinzip unterstrichen – nichts anderes. Und auf diesem System ist die GKV nun mal aufgebaut. Ansonsten könnten wir gleich eine „Privatversicherung für alle“ erschaffen.
Letztlich sitzen trotzdem alle in einem Boot. Auch wenn sich manche gerne abkapseln würden, weil sie vielleicht zu den finanziell „Potenteren“ gehören.
Ja ich weiß schon, jetzt kommt wieder das gegenseitige Geben und Nehmen und die Verpflichtung zu wirtschaftlicher Handlungsweise.
Wird alles gemacht – keine Sorge.

Bitte jetzt aber konkret zu meinen Fragen Stellung beziehen und nicht nur Textpassagen in die Zwischenablage kopieren und wieder drauf los poltern.


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