Re: Kopfpauschale (Sozialpolitik)

Elgin Fischbach @, Dienstag, 15.06.2004, 18:33 (vor 7268 Tagen) @ Wieder einer

Deine Bekannte scheint mir eine große Ausnahme zu sein: Als Gewerkschafterin (ver.di) habe ich - bevor ich nun umschule - lange Zeit als ehrenamtliche Funktionärin mit und für Erwerbslose gearbeitet (ver.di ist die einzige Gewerkschaft, in der Erwerbslose eine gleichberechtigte Personengruppe darstellen). Daher kenne ich sehr viele Schicksale - und weiß auch, wie schnell jemand auch ohne Umweg beim Sozialamt "landen" kann, beispielsweise wegen vorhergehender freiberuflicher Tätigkeit (weil es im jeweiligen Beruf für die Betroffenen keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitsangebote gab - und Freiberufler dürfen lt. Gesetz weder Pflicht- noch freiwillige Beiträge an die Bundesanstalt für Arbeit zahlen).


Zitat:
"Zur deinen Punkt
<< Eine im Gegensatz zum heutigen Sozialhilfeniveau armutsfeste soziale Grundsicherung ist sehr wohl finanzierbar: Durch Rückgängigmachen der in den letzten 2 Jahrzenten vom Gesetzgeber beschlossenen Steuererleichterungen für Vermögende, Großkonzerne und besser Verdienende sowie durch die Neueinführung einer Tobinsteuer für die zunehmende Anzahl an Kapitalspekulanten>>>
Dies ist ja leider nicht möglich , das müsste man doch wissen.
Wenn man das in Deutschland einführt ,d ann sind die Reichen weg und wer bezahlt dann?? Also ein Modell das so nicht geht , aber super anhört.
Es müsste dann schon in ganz Europa oder der Welt so sein , aber dies ist auch unmöglich."

Das ist sehr wohl möglich: Genau so, wie es bereits eine europäische Wirtschafts- und Währungsunion inkl. Stabilitätspakt gibt, benötigen wir endlich eine europäische Sozialunion, deren Mindeststandards sich nicht nach den schwächsten Mitgliedern richten. Denn auf diese Art und Weise werden die neuen Beitrittsländer dazu gezwungen, ihre im Vergleich zu den "Alt-Insassen" äußerst niedrigen Dumping-Steuersätze (wegen denen es viele Firmen aus Deutschland dorthin zieht) auf ein vergleichbares Niveau anzuheben. Nicht grundlos hat selbst CSU-Chef Stoiber vor nicht allzu langer Zeit in diesem Zusammenhang vor einem ruinösen und ungerechten Steuerwettbewerb gewarnt, der in den Beitrittsverhandlungen - bewusst oder unbewusst - ausgeblendet wurde (das Bundesland Bayern ist schließlich gleich Nachbar von zwei dieser neuen Beitrittsländer).

Und den Unternehmern, Vermögenden und besser Verdienenden muss klar gemacht werden: Wollt Ihr den international hochgelobten sozialen Frieden Deutschlands erhalten (deutlich weniger Streiks als anderswo in der Welt, mit Ausnahme unserer repräsentativen Politiker benötigt hier bisher noch niemand Wachleute um sich herum zwecks eigenen Personenschutzes), dann müsst Ihr dafür Euren Beitrag leisten - gemäß unserem Grundgesetz, nach dem sich die Beiträge für die Allgemeinheit nach der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu bemessen haben!

Aus meiner Sicht ist die ÖDP eine konservative Partei, für die Emanzipation - einschließlich der dafür notwendigen sozialen Absicherung - ein absolutes Fremdwort ist. Deshalb werde - im Vergleich zwischen ÖDP und PDS - wohl auch weiterhin die PDS deutlich bevorzugen. Anders die - ebenfalls umweltbewussten und alternativ geprägten - Grünen: Sie fordern verstärkt die Gleichberechtigung von Frauen im Berufsleben und der übrigen Gesellschaft und wollen die - vielfach auch aus Arbeitsmarktzwängen zunehmenden - "Patchwork-Biographien" vieler Arbeitnehmer sozial absichern.

Gruß
Elgin


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