Re: Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann (Sonstige Themen)

Andreas @, Montag, 12.05.2003, 14:35 (vor 7677 Tagen) @ Elgin Fischbach

Wir leben heute oftmals in einer absoluten Servicewüste. Die sogenannten Hotlines, die Call-Center, die den Kunden nicht kennen, sind das positive Entwicklungen? In vielen Bereichen geht es mir persönlich so, dass ich diesen Servicerückschritt schon mehrfach erlebt habe: Ob bei der Telekom, bei meiner Bank, bei UPS, überall dasselbe, man ruft am Ort an und landet irgendwo in Deutschland, nach vielen Warteschleifen, und mit der Kompetenz der Mitarbeiter ist es auch manchmal verheerend. Sicherlich lässt sich durch eine Ausdünnung des Geschäfsstellennetzes etwas Geld sparen.

Leidtragender ist jedoch der Kunde, wenn er mal nicht nur den "Service von der Stange" braucht. Ich jedenfalls bin bei meinen privaten Angelegenheiten froh, wo immer ich nicht eine 0800er Nummer oder ähnliches wählen muß, sondern im Ernstfall einen persönlichen Ansprechpartner habe.

A propos Verwaltungskosten: Selbstverständlich gibt es auch in diesem Bereich Optimierungspotenziale. Wer jedoch glaubt, dass darin das Hauptproblem der gesetzlichen Krankenversicherung liegt, irrt.

Die Kassen geben weit über 90% Ihrer Ausgaben für Leistungen aus, die Verwaltung liegt bei einigen Kassen sogar nur um die 5% und darunter.
Deshalb mag es zwar populistisch sein, ständig das Thema Verwaltungskosten als Ursache der Finanzlage in der Krankenversicherung in den Focus zu stellen, die eigentlichen Probleme des Systems, das weiss Jeder, der sich auskennt, liegen aber ganz wo anders.

Wenn die angeblich so unwirtschaftlichen Großkassen der Beratungs-Philosophie der virtuellen BKKs mit teilweise nur einer einzigen oder maximal 2 Geschäftsstellen in ganz Deutschland folgen würden, wäre dies für viele Kunden ein erheblicher Verlust an Service und Beratungsqualität.

Leider denken viele in unserer Gesellschaft nur an junge, gesunde Kunden, die die Kasse nicht groß in Anspruch nehmen und vergessen die Kunden, die krank und/oder alt sind und auf einen Vor-Ort-Service ihrer Kasse angewiesen sind.

Aber: Auch wir können schwer krank werden, werden mal alt (oder auch nicht) und dann, denke ich, werden wir die Dinge womöglich ganz anders sehen, als wir es heute tun.

Gruß
Andreas


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