Re: Bürgerversicherung (Sozialpolitik)

Heri Zey @, Sonntag, 10.08.2003, 08:59 (vor 7567 Tagen) @ Elgin Fischbach

Hallo Elgin,

Sie haben, fürchte ich, mein Herz gewonnen.
Sie schreiben: "zumal bestimmte Personengruppen auch bei besserer Konjunkturlage auf dem 1. Arbeitsmarkt praktisch chancenlos sind: Ältere (in der IT-Branche gilt man in vielen Betrieben schon mit über 35 Jahren als zu alt!), Schwerbehinderte - teilweise trotz fachlicher Bestqualifikation, Frauen mit Kindern - auch wenn sie Betreuungsmöglichkeiten gefunden haben und ein hohes Qualifikationsniveau aufweisen (wegen der aus Arbeigebersicht mangelnden Flexibilität bei der Arbeitszeit), Absolventen kultureller und pädagogisch-sozialer Berufsbilder"
Bevor Sie mich nicht nur beschimpfen (s. o.), sondern mich auch noch als herzlos ansehen, lassen Sie mich ein, zwei Worte zu meiner Person verlieren.
Ich bin 1. selbständig und doch 2. freiwillig bei der DAK und habe 3. private Zusatzversicherungen, 4. mein Geschäftspartner ist hochqualifiziert und zu 100% behindert, 5. habe ich ein "Null-Profit-Fach" (schöner Ausdruck!) studiert und bin 6. in der IT mit Anfang 30 tätig, aber fühle mich 7. nicht alt.
Nun zu Ihren Befürchtungen. Könnte es sein, dass Sie ganz, ganz tief in der Klamottenkiste der Sozialromatiker wühlen, wo sich nur böse, unsoziale "Reiche" und viel vuel mehr benachteiligte "Arme"? Schwarz und Weiß? Aber wo ist der große Graubereich bei Ihnen? Verstehen SIe mich nicht falsch: Ich will Sie nicht diskreditieren (zumindest nicht mehr als Sie mich mti Ihren Beiträgen), vielleicht kennen Sie wirklich als die Bedürftigen, die Ihnen am Herzen liegen. Ich jedoch kann Ihnen sagen:
1. "Ältere" ab 35 kenne ich eine Menge in der "harten" IT-Branche
2. Schwerbehinderte haben es schwer, das ist richtig. Oftmals hängt es aber auch davon ab, was sie auf ihrer Lage machen
3. Frauen mit Kinder SIND oftmals inflexibel, da sie auf ihre Kinder große Rücksicht nehmen. Und die, die es nicht tun, werden in der Peergroup leider sehr schnell als "Rabenmütter" beschimpft
4. Absolventen von "soften" Fächern sind zwar qualifiziert, aber oftmals "Fachidioten", die sich an ihre Nischen klammern, und vergessen, dass sie ihr Studium (MA/ BA) in erster Linie dafür qualifiziert, sich in viele Themen einzuarbeiten.
Ganz abgesehen davon werden solchen Fächer oftmals nur studiert, weil akut nichts besseres eingefallen ist.
5. Diese "Personengruppen" werden nicht ausgegrenzt, sondern viel mehr grenzen sie sich teilweise selbst aus. Z. B. ein Germanist, der meint, er könne keine PC zusammenbauen, weil er "dafür nicht studiert" habe. Oder die Mutter, die immer Punkt 13 Uhr nach Hause muss, weil da die Kleinen nach Hause kommen und futtern wollen. Oder unseren Älteren, die glauben, sie könnten in ihrem erlernten Beruf bis zur Rente arbeiten und müssten nichts dazulernen.
Einzelbeispiele? Ja, sicher, und eben so Schlaglichter wie Ihre Aufzählung des Leids.
6. Was sind "menschenverachtende gesundheitliche Anforderungen" und was ist die "menschenverachtende Wirtschaft"? Ich bitte Sie: Das ist doch sozialromantisches Geschwafel, das mit nichts zu belegen ist! Fragen Sie mal bei dem Finanzamt Ihres Vertrauens nach; Unternehmer sind verpflichtet (!), Geld zu verdienen, weil sie sonst der Liebhaberei frönen. Und ganz abgesehen davon: Sie wollen auch Geld verdienen. Wieso sollte ich mit 12 oder 14 Stunden-Tagen meinen Arbeitnehmern nicht zumuten können, auch mal so lange zu arbeiten? Weil sie sonst "zusammenklappen"? Dann bin ich schon lange tot und begraben! Vielleicht sollten Sie mal Ihren "geknechteten" Arbeitnehmer fragen, ob sie gerne 35 Stunden die Woche arbeiten (eine tolle Idee der IGM), um zur Belohnung nach einem Jahr gar keinen Arbeitsplatz mehr zu haben?

Lieber Elgin, bringen Sie einmal Fakten und nicht leeres Gewerkschafts-Linkssoziales-Palaver. Das könnte helfen. Uns allen.


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum